Pflanzenpower, Minimalismus & Nonkonformismus: Interview mit Suzanne Santos von Aesop
Das australische Kosmetikunternehmen Aesop setzt seit seinen Anfängen 1987 auf die Kraft der Pflanzen, ökologisches Bewusstsein und verzichtet auf künstliche Duftstoffe und Farbe. Das gepaart mit der Power der Wissenschaft im Rücken macht die Marke – mit ihrem minimalistischen Verpackungsdesign im Apotheker-Stil – zu einer Ikone der nachhaltigen Natur-Kosmetik. Und sie ist damit dem Zeitgeist um Jahre voraus. Dem kreativen Kopf und Gründer der Marke, Dennis Paphitis, steht seit Beginn an Suzanne Santos zur Seite. Sie ist Chief Customer Officer der Marke und gleichermaßen eine Aesop-Kultfigur. flair traf sie anlässlich der neuen Aesop-Store-Eröffnung in der Wiener Neubaugasse zum exklusiven Talk rund um die Architektur des neuen Stores, ihren Lieblingsduft und über das Andersdenken und wie es einem hilft, denn: „Zu wissen was man nicht sein will, verleiht einem Kraft.“
Fotos: Aesop
Aesop ist ja bekannt dafür, ganz besondere Shop-Konzepte und -Gestaltungen umzusetzen. Für uns ist also besonders spannend, was Sie sich für die Neubaugasse ausgedacht haben. Was spricht Sie in diesem Wiener Shop besonders an? Ich hatte mich schon sehr gefreut, in den Shop zu kommen, nachdem ich ihn bereits auf Fotos gesehen hab. Wobei die Bilder der Schönheit des Shops gar nicht gerecht werden, wie ich finde. In natura ist er noch viel schöner. Ich liebe die Größe und ich liebe die Tatsache, dass es ein Gefühl einer warmen Umarmung vermittelt. Es ist ja ein langes, schmales Geschäft, was faszinierend und zugleich sehr verlockend für Passanten ist, den Shop zu besuchen. Jakob Sprenger, der Architekt, hat einen wirklich schönen Job gemacht. Ich liebe die Rotunde in der Mitte, sie ist besonders schön fürs Auge und zugleich wird dieser Bogen auch beim halbrunden Fenster wiederholt. Das Fenster wurde neu gestaltet, da das Original leider entfernt wurde. Wir haben versucht, uns an der ursprünglichen Form zu orientieren, um so die historische Architektur zu respektieren.Aber für uns bei Aesop ist und bleibt sowieso jeder Shop etwas ganz besonderes. Es gibt keine tausenden Aesop-Shops und schon gar keine vorgegebenen Design-Richtlinien, wir haben stets einen tiefen Respekt für die Einzigartigkeit und wie sich uns ein Store individuell offenbart.
In dem zweiten Raum, der Rotunde, verbirgt sich ja Aesops erste „Fragrance Library“. Erklären Sie uns doch bitte einmal kurz das Konzept und nehmen Sie uns mit auf eine Aesop-Duftreise. Die Aesop Duft-Geschichte begann vor fast genau zehn Jahren mit drei Düften. Es ist aus einem Wunsch unseres Gründers Dennis Paphitis heraus entstanden, unsere eigene kleine Parfum-Palette zu kreieren, die die Aesop Pflanzenöle und Aromen verwendet und sich so mit dem Rest der Aesop Produkte identifiziert. Parfums sind ja wahrscheinlich das Intimste, das wir tragen und zugleich stets mit anderen teilen, auf unsichtbare Weise. Und dieses unsichtbare Gefühl ist zugleich sehr verführerisch, weil es etwas Unausgesprochenes ist. Ein Duft wird und repräsentiert etwas Unausgesprochenes. Wir hatten also die ersten drei Düfte kreiert, sehr schön gemacht und unglaublich aromatisch. Aber sie hatten nicht die Langlebigkeit die es eigentlich braucht. Also haben wir mit einem Parfumeur weiter getüftelt und konnten so das erste Problem lösen. Die zweite Generation haben wir schließlich auf der ersten aufgebaut, weshalb sie sich sehr gut ergänzten. Sie kamen auch sehr gut bei unseren Kunden auf der ganzen Welt an, egal ob in Tokio, Taiwan oder Paris. So konnten wir etwas Selbstbewusstsein aufbauen, das jetzt in die nächste Generation über geht. Zugleich ist es ein weiteres Level an Möglichkeiten dafür, was Vielfalt in unserem eigenen Sinn für Parfum bedeutet. Das Ergebnis: eine kleines, exquisites Parfüm-Portfolio. Und im hinteren Teil des neuen Aesop Stores in Wien gibt es nun die Möglichkeit dieses Portfolio zu Erleben und zu Personalisieren. Das ermöglicht es vielleicht wirklich zu verstehen, was ein Parfüm für jemanden persönlich sein kann. Anstatt nur in einer langen Schlange zu stehen und ein Parfum nach dem nächsten zu versprühen. Bei Aesop geht es immer um etwas Persönliches, um den Moment zwischen Ihnen, dem Produkt und unseren Mitarbeitern. Ein sehr zärtlicher Moment.
Und was davon ist ihr liebster Duft? Ich bin an einem Punkt im Leben angelangt, an dem ich mich viel sicherer und selbstbewusster mit Holz-Aromen fühle und der Idee, dass sie mich repräsentieren. Also ist wohl „Hwyl“ der Duft, den ich gerade am öftesten trage. Und aus der neuen Range, die ich großartig finde, zieht mich wohl „Miraceti“, auch mit Holz-Aromen, am meisten an. Wäre jetzt aber zum Beispiel gerade Hochsommer, dann würde ich beim Parfüm, so wie bei der Kleidung auch, eine andere Wahl treffen. Vorbei sind die Zeiten, wo man nur einen einzigen Signature-Duft trägt, oder nur einen Moisturizer verwendet. Dabei geht es aber nicht darum eine möglichst große Auswahl zu haben, sondern vielmehr darum, was man wirklich braucht. Man trägt ja auch kein T-Shirt das ganze Jahr über, aus gutem Grund. Und so ist es auch mit Düften. Wenn es draußen wärmer ist, wechsle ich genauso mein Parfüm, wie ich meine Kleidung wechsle. Und „Rozu“ zum Beispiel ist für mich viel mehr ein Abendduft, mit dem man einen Eindruck hinterlässt.
Rauchige Noten für einen extravaganten Auftritt, „Hwyl", Eau de Parfum
Außergewöhnlich: Rosiger Duft gepaart mit holzigen und würzigen Noten, "Rozu“ Eau de Parfum
Und sie sind alle Unisex. Generell sind ja alle Aesop-Produkte gleichermaßen für Männer und Frauen. In der Tat, ich finde es ist für uns als Unternehmen sehr bereichernd und macht uns stark. Denn die Gespräche in unseren Stores ist um diese Diversität reicher, wie auch immer die Menschen sich identifizieren. Und es wird so nicht nur starr in eine Richtung gedacht.
Es wirkt so, als wären Sie mit Aesop der Zeit immer einen Schritt voraus. Sie haben mit unisex, rein pflanzlichen und nachhaltigen Produkten angefangen, lange bevor es zum Trend wurde. Wie machen Sie das? Wenn ich an unserer Anfänge denke, dann war es nicht so, dass wir per se anders denken wollten, wir haben einfach anders gedacht und danach gehandelt. Es war also eine gewisse Leichtigkeit in den ursprünglichen Gedanken. Zu wissen was man nicht sein will, verleiht einem Kraft. Und wenn man sich stets treu bleibt und sich nicht von Kleinigkeiten und Trivialitäten am Weg ablenken lässt, dann kommt man mit jedem Jahr weiter und weiter. So war es zumindest bei Aesop. Ich würde nicht sagen, es war ein müheloser Weg, die letzten 35 Jahren mit Aesop, aber es war wundervoll, jeder einzelne Schritt am Weg.
Was war auf diesem Weg das für Sie innovativste Produkt, das Aesop je auf den Markt gebracht hat? Ufff, das ist eine schwierige Frage. Gleich unser erste Schritt, zu entscheiden, was wir nicht verwenden wollen, das würde ich sagen war unsere erste große Innovation. Also die Idee Pflanzen basierte-Zutaten zu verwenden anstatt künstlicher Duftstoffe und gleichzeitig auf Farbe zu verzichten. Dann aus menschlichen Proteinen und diesen Pflanzen basierten Ölen eine perfekte Symmetrie zu gestalten, mit all der Kraft der Wissenschaft, war eine weitere große Herausforderung und Innovation. Es gibt weltweit nur eine Handvoll Marken, die das schaffen. Es gab auch kritische Momente, wie etwa die Einführung von Antioxidantien, lange bevor man begann in diese Richtung zu denken. Dann natürlich auch noch, dass wir bei unseren Produkten auf eine äußere Verpackung verzichten und diese so minimalistisch wie möglich gestalten. Heutzutage wäre das wohl ein Statement, um einen Anspruch auf Nachhaltigkeit zu haben. Von Beginn an war unser ökologischer Fußabdruck ein sehr sanfter, eben auch mit dem Bewusstsein so zu handeln, lange bevor es im öffentlichen Bewusstsein verankert war, geschweige denn ein Interesse dafür gab. Als wir entschieden haben gewisse Zutaten nicht zu verwenden, begann unsere Hautpflege-Innovation.
Zu welchem Produkt haben Sie heute Morgen im Badezimmer als erstes gegriffen? Das war der „Parsley Seed Facal Cleansing Oil“. Ich hab ihn verwendet um „Sublime“ abzuwaschen, das ich vor dem zu Bett aufgetragen und damit geschlafen habe. Dann hab ich ein wundervolles Produkt verwendet, unser „Lucent Facal Concentrate“. Alle unsere Produkte harmonieren sehr gut miteinander. Fast so als würden sie eine eigene Schwesternschaft bilden. Generell haben wir es uns mit Aesop zur Aufgabe gemacht, Produkte zu kreieren, die auf die Bedürfnisse der Haut optimal reagieren. Und das auf einem aktuellen Stand. Stress, Ernährung, Schlafmangel und Überarbeitung, all das wirkt sich auch auf unsere Haut aus. Und unser Sortiment reagiert genau auf solche Parameter und verleiht uns dadurch Relevanz. Ich glaube, dass wir eine unglaublich relevante Marke sind, so wie wir auf die Bedürfnisse unserer Kunden reagieren und unsere Produkte formulieren.