„Total retro“ ist zum Fix-Bestandteil unserer Stilsprache geworden. Ob Mode oder Möbel – wir fliegen auf alles, was ein Hauch Vergangenheit umweht. flair-Feature-Chef Siems Luckwaldt geht in der Oktober-Ausgabe der aktuellen Nostalgie auf den Grund. Sein Fazit: Nie war das Gestern so gut wie heute!
Das ewige Jetzt
# 10/17
Ja, ist denn schon vorgestern? Denkt man immer öfter. Im Supermarkt, wo die einstige Kultlimo Sinalco um ihren Platz im Einkaufswagen buhlt. Im Handyshop, als Nokia die bunten „Knochen“ zurückbrachte, eher süß statt smart. Im schwedischen Möbelhaus, wo zum omnipräsenten Seventies-Look bloß noch die Charaktere aus der zweiten Staffel von „Fargo“ fehlen, samt petrolfarbener Schlaghose, ochsenblutrotem Ledermantel und ockergelbem Pullunder. Dazu Rüschenblusen à la Jane Austen, eine TV-Dramatisierung der Fehden zwischen Bette Davis und Joan Crawford (die muss man ja fast schon googeln), Götterspeise-Shots, Fila-Turnschuhe und porentiefe Sehnsucht. Sehnsucht nach früher, jenem verklärten Walhalla unserer Erinnerung. Wo alles besser war. Klarer. Schöner. Oder so.
So, wie „Mad Men“ uns die Outfits, die Geschlechterrollen und die verrauchten Büros der Sixties zuru?ckbrachte, erleben wir nun herrlich verrückte Frauen dabei, wie sie sich einander kreischend, krass geschminkt und Knochen knackend auf die Matte werfen. Was für TV-Formate gilt – von „Stranger Things“, ebenfalls eine 80er-Hommage, bis zu „Twin Peaks“, wo 25 Jahre nach Drehschluss unter David Lynchs Regie wieder gemordet und gerätselt wird –, das ist auch aus der Mode nicht mehr wegzudenken. Ob High oder Fast – die Fashion-Welt, das Entertainment und wir fahren weiterhin so richtig ab auf Retro.
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29.09.2017
