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Olaf Wipperfürth "Any Human Heart" - Interview mit dem Modefotograf

Hattest Du einen Mentor? Ein Idol? Vielleicht hast Du dazu eine kleine Geschichte? Einen Moment oder ein Statement von einer wichtigen Person, die Dich geprägt hat auf Deinem Weg?

Einen “einzigen” Mentor gibt es für mich nicht.  Da gibt es eher viele. Ich bin meinen Freunden und meiner Familie sehr dankbar, mich stets an meine Stärken und Schwächen zu erinnern und mich dazu zu motivieren, meinen Leidenschaften zu folgen.

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SOLANGE 2012, Copyright Olaf Wipperfürth

Die 19 Motive, die Du ausstellst, wie sind sie entstanden? Unter welchen Kriterien hast Du die Motive ausgewählt? Was vereint sie? Gibt es eine These?

Meine Pariser Ausstellung “ANY HUMAN HEART” zeigt eine Auswahl von älteren Motiven (die ältesten sind von 2001, Annie Morton) und ganz neuen Arbeiten, die ich speziell für die Ausstellung fotografiert habe. Es sind größtenteils emotionale Portraits und Szenen, die aus Filmen entnommen sein könnten. Dabei beziehe ich mich nicht auf spezielle Filme, sondern vielmehr auf eine emotionale filmische Welt. In der Art, wie sich Mann und Frau zueinander bewegen und agieren, finden sich auch Parallelen zu den Choreographien von Pina Bausch, die ich sehr verehre und deren Arbeit ich sehr schätze. Die Ausstellung zeigt (Frauen) Portraits aufgeladen mit Exzentrik, Drama, Bewegung, eine Art “humanized Beauty”, ….sehr human und raw. Es sind insgesamt 19 Fotografien im Format 130 x 90 cm, gerahmt und signiert auf der Rückseite.

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MASHA 2012, Copyright Olaf Wipperfürth

Was treibt Dich an? Künstlerisch. Was ist Deine Inspiration? Wie würdest Du Deinen Stil bitte beschreiben?

Ich fotografiere aus Lust an Momenten und an der Bewegung. Meine Fotografie bewegt sich in diesen Momenten, sie erzählt Geschichten. Die Geschichten, die man sich bei der Betrachtung erzählt, haben eine nicht nur ästhetisch und sinnliche Seite, sondern auch eine inhaltliche Qualität. Jeder erzählt sie sich auf seine eigene Art. Das ist sehr spannend. Meine Bilder verweisen auf den nächsten Augenblick und dem davor und oftmals leben die Bilder in dem Raum zwischen den Bildern erst auf. Sie ergeben Sinn durch die Abwesenheit der anderen Bilder die ich gar nicht real zeige, die man jedoch vor dem geistigen Auge automatisch sieht, indem man die Fotos betrachtet. In diesen Zwischenmomenten, in den Schwebezuständen ihrer Privatheit, sind Frauen besonders schön. Kalte, “todretouschierte” (Mode) Fotografie interessiert mich nicht, sie sind in den seltensten Fällen zeitlos.

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DIANA 2009, Copyright Olaf Wipperfürth

Und finanziell: Kann man als Fotograf heutzutage gut leben?

Ich bin sehr froh einen Beruf zu haben der Leidenschaft und Job verbindet. Habe ich meine Kamera in der Hand,...arbeite mit meinem Team an Editorials und Ausstellungsprojekten, bin ich ein glücklicher Mensch. Jedoch sind die Zeiten härter geworden und der Markt enger. Ich kann mich persönlich aber nicht beschweren. Ich habe viel zu tun, reise viel und kann an schönen Projekten u. a. für Flair arbeiten und Serien fotografieren die ich mag.

Wie sieht Dein Lebensrhythmus aus? Bist Du viel unterwegs? work-life Balance? Alltagsroutine? etc.  Was gibt Dir die Erdung, in einer Branche, die daraus besteht Illusionen zu schaffen?

Seit meinem 14. Lebensjahr gehe ich sehr regelmäßig zum Klettern und Bergsteigen in die Alpen, nach Patagonien, Himalaya oder Anden. Sich in Fels und Eis auf den nächsten Meter zu konzentrieren, erdet sehr. Danach ist dann wieder viel Platz für Illusion und Träumerei. Ich mag diese extrem gegensätzlichen Positionen sehr. Sie gehören zusammen.

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ELETTRA 2012, Copyright Olaf Wipperfürth

Noch einen Aufruf an alle leidenschaftlichen Jungfotografen? Ein Statement warum es sich lohnt, für diesen Job oder einen Traum zu kämpfen? 

Sich eine Digitalkamera zu kaufen, etwas Rumzuknipsen und dem Klischeebild des Fotografen hinterherzulaufen, reicht sicherlich nicht. Wenn man aber in den kreativen Berufsfeldern seine Leidenschaft kennt, Talent und Lust hat und auch noch viel daran arbeitet, öffnen sich viele Türen. Man kann glücklich sein durch diese zu gehen.

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Olaf Wipperfürth

Die Ausstellung "Any Human Heart" von Olaf Wipperfürth findet zwischen dem 21.11.2012 und dem 31.01.2013 in den Pin Up Studios in Paris statt. Adresse: Pin Up Studios, 23-27 av. Jean Moulin, 75014 PARIS, Telefonnummer: 0033144124419, e-mail: info@pin-up.com, www.pin-up.com, www.olafwipperfuerth.com

In der Oktoberausgabe 2012 von FLAIR fashion&home fotografierte der Pariser Modefotograf Olaf Wipperfürth das Mission X Shooting mit Topmodel Irina Lazareanu. Wir wollten etwas mehr über den Stil und Handwerk des gebürtigen Düsseldorfers erfahren und wollten wissen, ob es sich als Fotograf eigentlich gut leben lässt...

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IRINA, Copyright Olaf Wipperfürth 2012

Lieber Olaf, kannst Du Dich an Deine erste Kamera erinnern? Von wem hast Du sie bekommen? Was hast Du damit gemacht? Hast Du sie überhaupt benutzt und wer war das Opfer Deiner Linse?

Meine erste Kamera hat mir mein Vater geschenkt, eine alte Rolleiflex....aber die ersten Bilder habe ich wohl mit einer Agfa Matic gemacht ...alles sehr in Bewegung , Hunde, Katzen, Familie und viele Wolken ...und im Nachhinein betrachtet ist es doch erstaunlich, wie viele Bilder ich von meinem blauen Wellensittich gemacht habe. Viele Jahre später tauchte dann dieser blaue Vogel in einem persönlichen Projekt über "Geister" wieder auf, ...wohl irgendwie als Vergangenheitsbewältigung.

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KEMP 2003, Copyright Olaf Wipperfürth

Gab es einen Schlüsselmoment, bei dem Du das erste Mal gespürt hast, dass Fotografieren Dir so viel bedeutet, dass Du mehr daraus gemacht hast? Wie findet sich diese in Deinen Bildern wieder?

Vor meiner Fotografenzeit, bevor ich nach Paris gegangen bin, habe ich Philosophie mit Ästhetik und kunsttheoretischem Schwerpunkt studiert. Später dann auch darin promoviert. Natürlich schafft dies eine breite solide Basis und ein kunsttheoretisches Fundament, das ich nicht missen möchte. Mir wurde dennoch nach dem Abschluss schnell klar, dass diese theoretische Arbeit mich nicht glücklich machen würde. Es war nicht meine Technik. Die konkrete Kunst war wichtiger für mich, als darüber nur zu reden und zu schreiben. Ich behalte mir aber noch etwas von dieser Theoriewelt in meinen persönlichen mehr konzeptionelleren Projekten warm. In die Editorial Fotografie bin ich eher als Quereinsteiger gerutscht. Die Neugier war mein Antrieb. Es ist eine große Motivation auf mehreren Seiten eine Geschichte erzählen zu können.

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LULA 2012, Copyright Olaf Wipperfürth
04.12.2012