Die unerträgliche Leichtigkeit in der Krise

Eigentlich sollte dies ein lebensbejahender, Optimismus verbreitender Text werden (keine Angst, das wird er auch, der Weg dahin ist nur ein bisschen schwieriger). Einer über die neue Leichtigkeit auf den Laufstegen für den ersten Sommer im neuen Jahrzehnt. Die Designer wollten optimistische Schwerelosigkeit verbreiten. Uns von den massiven Combat Boots und der wütenden Schwere der vorangegangenen Wintersaison befreien. Und dann kam das Virus. Einer der begehrtesten Schuhe in den Online-Shops war bis zu diesem Zeitpunkt ein Zehentrenner mit dicker Sohle namens „Ginza“ von The Row. Ja, dafür gaben The-Row-Jünger 800 Euro aus. Verständlicherweise, denn dieses ploppende, flipfloppende Geräusch an unseren Füßen, das man zuletzt in den 90ern auf den Straßen und ansonsten nur noch auf dem Weg zum Strand hörte, dieser Sound der erträglichen Leichtigkeit des Seins, nach dem sehnten wir uns noch vor ein paar Monaten. So wie immer, wenn der Winter zu lang wird und man von Sonne träumt. Wir sehnten uns doppelt danach, weil wir gegen Populisten, Rassisten, Ungerechtigkeiten und Klimawandel kämpften. Weil wir hoffnungsvoll statt pessimistisch ins neue Jahrzehnt flipfloppen wollten – und weil es ein sehr menschlicher Reflex ist, sich gegen die drohende Apokalypse zumindest ästhetisch aufzulehnen, indem man Schönheit, Leichtigkeit und Optimismus umarmt. Dann kam das Unvorstellbare – ein Virus, der uns zu Hause einsperrte, Flugzeuge dazu zwang, auf dem Boden zu bleiben, und Produktionsmaschinen dazu, stillzustehen. Seitdem scheint das Lebensgefühl des unbeschwerten Optimismus ferner denn je. Wie sollen wir jetzt also umgehen mit dieser Leichtigkeit, in die uns die Mode in diesem Sommer einhüllen will?