Seit der Erscheinung Ihres letzten Albums „The Absence“ sind mittlerweile drei Jahre vergangen. Inwieweit haben Sie sich in dieser Zeit weiterentwickelt?
Ich war schon immer eine Songwriterin. Ganz egal an welchem Ort ich mich befinde, notiere ich, was ich höre oder sehe. Dabei entstehen kleine Geschichten zu meinen ganz persönlichen Gedanken und Stimmungen. Während der Produktion zu „Currency of Man“ gab es jedoch einen großen Unterschied. Bei diesem Album ging es mir nicht ausschließlich um das Schreiben, sondern um den Sound.
Waren Sie unzufrieden mit dem Sound, der Sie bisher ausgezeichnet hat?
Ich war sehr jung, als ich begonnen habe, professionell Musik zu machen. Für meine musikalische Entwicklung war es wichtig, dass ich mir rückblickend noch einmal alle Alben genau angehört habe. Dabei ist mir etwas Grundlegendes aufgefallen: Ich wusste zwar, was ich mit meinen Liedern aussagen wollte, doch hatte ich letztlich von Musik und Sound keine Ahnung. Diesmal hat mir die Zusammenarbeit mit Produzent Larry Klein dabei geholfen, meiner Stimme die richtige Form zu geben – über den poetischen Inhalt der Songs hinaus.
Woher wussten Sie dieses Mal, wie Sie klingen möchten?
Erst nachdem man vieles gesehen und diese Dinge miteinander verglichen hat, erkennt man, was man wirklich will. Endlich habe ich das nötige Fachwissen, den Mut und zum ersten Mal in meinem Leben das Bewusstsein, um zu wissen, wie ich klingen möchte. Dafür habe ich mir extra Larry Klein, Maxime LeGuil und Clément Ducol mit ins Boot geholt – zwei Franzosen und ein Amerikaner. Ein authentischer Mix, der mein jetziges Leben zwischen Frankreich und den USA ziemlich genau widerspiegelt. Der Song „Preacherman“ handelt vom tragischen Schicksal von Emmett Till: ein 14-jähriger afroamerikanischer Junge, der wegen seiner Hautfarbe 1955 ermordet wurde. Der Titel zum Album lautet übersetzt „Die Währung der Menschheit“ – was halten Sie von unserer heutigen Gesellschaft?
Das Album muss nicht unbedingt als Kritik verstanden werden – ich hatte vielmehr einen observatorischen Anspruch. Auf meinen Reisen habe ich unterschiedliche Lebensarten kennenlernen dürfen. Ich habe sehr simple, kleine Siedlungen besucht. Die Einwohner dort kommen ganz ohne Strom und ohne fließendes Wasser aus. Man besitzt kein Geld, sondern tauscht Lebensmittel gegen Lebensmittel. Als ich wieder in den Staaten war, ist mir bewusst geworden, wie stark wir Menschen nach ihrem Vermögen bewerten. Für unsere Gesellschaft scheint Geld eine unfassbar wichtige Rolle zu spielen. Ständig bewerten wir unsere Mitmenschen und kreieren damit eine Art „Menschheits-Währung“. Die Wahrheit ist, dass Geld nichts damit zu tun hat, ob man ein guter Mensch ist. Es ist traurig, dass so viele das nicht erkennen. Ich habe wunderschöne Menschen auf der Straße getroffen, die alle eine interessante Lebensgeschichte haben. Besonders in einem Land wie den USA, das auf kulturelle Vielfalt und Immigration basiert, gibt es unglaublich viele erstaunliche Stories zu hören. Man muss nur einen Moment innehalten – und jemand völlig Fremdes ansprechen.
Welche aktuellen Geschehnisse beunruhigen Sie bei genauerer Betrachtung der Welt?
Etwa das Phänomen „Müllinsel“: Es existieren sechs, sieben oder mehr Abfall-Inseln im pazifischen Ozean, die wir Menschen seit 1960 selbst erschaffen haben. Diese Plastikinseln zerstören jegliche Organismen im Meer. Das ist wahnsinnig! Wir müssen uns vor Augen halten, dass wir alle Teil von diesem kleinen Ball sind, der im Universum umherschwebt. Allein dadurch sind wir alle miteinander verbunden. Das mag sehr nach Hippie-Philosophie der 1960er Jahre klingen, doch im Grunde ist dieser Gedanke das einzig Wesentliche im Leben.