Flower Power – die neue Romantik

Romantik? Das ist nicht einfach romantische Liebe, heiß glühend ewig für die eine oder den einen. Ein treu liebend Herz, haltbarer als Marmor, Stein und Eisen, das mit der Zeit bricht. Die Romantik war einmal eine Epoche des 18. an der Wende zum 19. Jahrhundert, in der die europäische Kunst, Mode und Politik ihre letzte große Prägung erfahren hatten – und, so schien es lange, untergegangen war. Sie siegte – und scheiterte – mit der letzten Endes fehlgeschlagenen Revolution von 1848. Als Epoche war sie geprägt von einem Rückzug aus der hässlichen Machtpolitik und ihren Gewaltverhältnissen in eine private, intime Salonwelt, durch den sentimentalischen Rückzug in andere Zeiten wie das katholische Mittelalter oder in exotisch-ursprüngliche Länder, die vermeintlich unberührt waren von der westlichen Gewalt-Zivilisation. Geprägt dann auch von einem individuellen Heroismus, der bereit war, den Opfern dieser Gewaltverhältnisse zu helfen. Erleben wir gerade ein Comeback des romantischen Lebensgefühls und Weltbewusstseins?

Auf der Indiziensuche nach einer neuen Romantik fällt das Oberflächlichste zuerst ins Auge. Und da, frei nach Oscar Wilde, nur oberflächliche Menschen nicht nach dem Oberflächlichen urteilen, sollte man bei der Spurensuche nach der neuen Romantik die Oberfläche nicht vergessen. Da ist zum Beispiel der Samt, der schmeichelt, in Röcken und Kleidern – sehr viel Samt. Sofas und Sessel mit Samt bezogen, dem Lieblingsstoff der Romantik. Ein samtbraunes Kleid trägt Madame Arnoux, die große Liebe Frédérics in Gustave Flauberts „L’Éducation sentimentale“. Mit schwarzem Samt bezogen die Salondamen der Romantik, deren größte Madame Récamier war, ihre Diwane. Mit Samt feiert auch die nach ihr benannte Récamiere, dieses die Intimität so vollkommen darstellende Möbelstück der Romantik, eine glamouröse Wiederkehr. Vermutlich haben Sie oder mindestens eine Ihrer Freundinnen gerade nach der perfekten
Récamiere gesucht, die natürlich mit Samt bezogen sein sollte.