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Das Comeback der Glühbirne

Das Telefon steht nicht still im Laden des Lampenspezialisten Stefan Schrader. Seine Kunden geben sich in Hamburg-Lurup die Klinke in die Hand. Was hat er, das andere nicht haben? Antwort: Glühbirnen jeder Art. Und die verkauft er frech auch nach dem EU-Verbot weiter

 

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Stefan Schrader vom Lichterservice Schrader in Hamburg Lurup

 

Stefan Schrader wehrt sich gegen die Bevormundung aus Brüssel und gegen so genannte Ökolampen. Wie viele Gegner der Energiesparbirnen hält er sie für millionenfache Körperverletzung – FLAIR wollte das genauer wissen.

 

 

Eigentlich dürfen ab 1. September keine Glühbirnen mehr in den Handel gebracht werden. Verstoßen Sie damit gegen das Gesetz?

Das ist nicht ganz richtig. Ab dem 1. September ist es zwar verboten, Haushaltslampen in den Umlauf zu bringen. Das bedeutet theoretisch das totale „Aus“ der Glühlampe. Aber Restbestände dürfen weiterhin abverkauft werden, sowohl von den Herstellern als auch vom Handel. Und es dürfen auch Industrielampen weiter verkauft werden. Die sind hitzebeständiger und haben haltbarere Glühfaden – also eine längere Lebensdauer. Aus Fernost werden viele so genannte Industrielampen importiert. Ob das wirklich welche sind, mag man bezweifeln. Die meisten sind nur so deklariert. So etwas verkaufe ich nicht. Ich setze schon auf Qualität.

Und Sie haben sich jede Menge Restbestände zugelegt? Können Sie sagen, wie viele Glühbirnen Sie haben?

Das geht in die Millionen. Wir haben extra ein Lager und zwei Außenlager angelegt. Und wir sind sehr breit aufgestellt, mit etwa 12.000 verschiedenen Glühbirnen.

Aber Energiesparleuchten sind wesentlich länger haltbar. Und sie sparen Strom – steht jedenfalls auf der Packung.

Das stimmt in meinen Augen nicht! Da wird an so vielen Ecken und Enden gelogen.  Es fängt schon mit der Lichtqualität an, die stimmt nicht - ebsowenig wie die Lebensdauer. Und sie lassen sich nicht dimmen. Energiesparlampen sind Entladungslampen – nicht dafür konzipiert, oft ein- und ausgeschaltet zu werden. Trotzdem zwingt man uns jetzt, sie überall einzuschrauben. So werden sie aber die angegebene Lebensdauer nie erreichen. Da steht dann groß drauf, dass sie 20 Jahre hält –  und hinten ganz klein die Einschränkung: „Aber nur, wenn sie nicht mehr als 2,5 Stunden am Tag brennt.“ Und da steht auch, dass eine 60-Watt-Glühbirne die gleiche Leistung wie eine 11-Watt-Energiesparleuchte bringt. Das stimmt einfach nicht – schon weil Energiesparleuchten ziemlich bald an Helligkeit verlieren.

 

 

Gibt es keine Prüfstelle, die solche Angaben kontrolliert?

Jeder schreibt auf die Packung, was er für richtig hält. ­Ob das stimmt, prüft keine Behörde nach! Und die meisten Verbraucher können mit Angaben wie „Candlar“, „Lum“ oder „Kelvin“ nichts anfangen.

Energiesparleuchten sind auch umstritten, weil sie fahles Licht geben, Quecksilber im Glaskolben enthalten und einen Giftcocktail im Sockel. 

Ja, das birgt ungeheure Risiken: Energiesparleuchten sind potentielle Körperverletzung! Wie kann das eine Ökobirne sein, wenn sie voll mit Quecksilber ist? Zwar nur wenig –  aber fünf Milligramm, die beim Zerplatzen des Kolbens verdunsten, reichen ja schon aus, um unser Nervensystem zu schädigen. Und wie viel Erdreich die Menge der entsorgten Birnen erst verseucht! Die meisten Lampen landen doch im Müll, statt auf dem Recyclinghof. Die Krebs erregenden Phenole, die sie aus dem Sockel ausdünsten, sind gesundheitsschädlich, ebenso ihre elektromagnetische Strahlung und das fahle Licht. Energiesparleuchten geben nämlich keine Infrarotstrahlung ab, die wir über die Netzhaut aufnehmen müssen, um unser Immunsystem und den Hormonhaushalt zu steuern.

Welche Alternativen bleiben dem Endverbraucher denn, wenn dann tatsächlich mal die Glühbirnenvorräte aufgebraucht und die Vorratslager leer sind?

Keine! Dann wandern Millionen von Leuchten und Dimmern auf den Müll. Es wäre ökologisch viel sinnvoller gewesen, die Brenndauer und Haltbarkeit der Glühbirnen herauf zu setzen, statt sie abzuschaffen. Technisch wäre das möglich. Bevor das 1924 gegründete „Phoebus“-Kartell der Glühlampenhersteller die Brenndauer auf 1000 Stunden herunter gesetzt hat, brannten sie schließlich auch wesentlich länger.

 

 

 

Text: Dagmar Steffen, Fotos: Nicolette Scharpenberg

Ein riesiges Glühbirnenlager in Deutschland hat Stefan Schrader angelegt. Verkauf über www.lichterservice-schrader.de

 

Und hier sehen Sie unsere absoluten Designlieblinge...

 

BUCHTIPP

Robert Klanten, »Lux: Lamps and Lights«

Jede Menge Highlights! Die Glühbirne gehört der Vergangenheit an, seit in Europa zur Energieersparnis ein Herstellungs- und Vertriebsverbot beschlossen wurde. Damit verändert sich das Lichtdesign. Innovative Technologien wie LEDs und OLEDs inspirieren Gestalter und Hersteller, neue Formen und Funktionen zu entwickeln. Die neuen Leuchtmittel strahlen wesentlich weniger Hitze ab und können mit anderen (und mehr) Materialien kombiniert werden als Glühbirnen. Das bietet ungeahnte Gestaltungsfreiheit für Kronleuchter, Tisch-, Wand- und Hängeleuchten oder experimentelle Installationen mit Licht. Lux beschreibt und dokumentiert diese Veränderungen und präsentiert auf 320 Seiten Lichtideen, Leuchten mit neuer Technologie und Ästhetik und ihre Designer.

(Englisch, gebundene Ausgabe)

Gestalten, Berlin 2011, ca. 30 Euro

 

Glühbirnen zum Bestellen

Hört sich absurd an, ist aber wohl bald der einzige Weg. Zum Beispiel aus England, wo sie weiterhin produziert werden dürfen.

Besonders schöne Formen mit 25 bis 60 Watt Leistung gibt's über: www.filamentlightbulbs.co.uk.

 

FLAIR-Tipp

Lesen sie in unserer Septemberausgabe von FLAIR fashion&home die gesamte Geschichte zur Glühbirne.

27.07.2012