Junge Visionen für eine bessere Welt: Der RIMOWA Design Prize 2025
Mit dem RIMOWA Design Prize etabliert sich der Kölner Premium-Gepäckhersteller nicht nur als Kultmarke für Mobilität, sondern auch als Förderer junger Designvisionen. Seit 2022 zeichnet RIMOWA jährlich studentische Projekte aus, die innovatives Produktdesign mit gesellschaftlicher Relevanz verbinden. Unterstützt von namhaften deutschen Designhochschulen und einer prominent besetzten Jury – darunter Vertreter:innen von adidas, MYKITA, dem Museum Angewandte Kunst und der Bauhaus-Universität – wurden beim diesjährigen Wettbewerb sieben Finalist:innen ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand am 13. Mai 2025 im Gropius Bau in Berlin statt.
Fotos: Marc Krause for RIMOWA, Getty Images for RIMOWA, Hottie
Die Gewinner des RIMOWA Design Prize 2025: Elisabeth Lorenz und Marc Hackländer. / Foto: Getty Images for RIMOWA
Die Gewinner:innen: Technologie trifft Empathie
Den ersten Platz belegten Elisabeth Lorenz und Marc Hackländer von der Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd mit hottie – einem tragbaren, diskreten Gerät zur Linderung von Menstruationsbeschwerden. Es kombiniert TENS-Technologie (Transkutane elektrische Nervenstimulation) mit individuell regulierbarer Wärmetherapie und soll Betroffenen nicht nur Schmerzen nehmen, sondern auch Selbstbestimmung und Bewegungsfreiheit im Alltag ermöglichen. Die Jury lobte besonders den ganzheitlichen Ansatz, der Design, Gesundheit und gesellschaftliche Enttabuisierung verbindet. Das Duo wurde von adidas-Designer Nic Galway betreut und erhielt 20.000 Euro Preisgeld. Was hinter hottie steckt und wie ein unsichtbares Problem endlich sichtbares Design bekommt, erzählen die beiden Gewinner:innen im Interview mit flair.
Foto: Marc Krause for RIMOWA
flair: Was hat Euch zur Idee von Hottie inspiriert?
Elisabeth Lorenz & Marc Hackländer: Die Idee zu hottie entstand im dritten Semester während unseres Ergonomiekurses, der sich auf gesundheitsorientiertes Design konzentrierte. Wir wollten ein Thema angehen, das viele Menschen betrifft und das wir persönlich nachvollziehen, testen und weiterentwickeln können. Menstruationsbeschwerden waren für uns eine naheliegende Wahl: Ein weit verbreitetes Problem, das nahezu jede Frau irgendwann erlebt. Für etwa jede zehnte Frau sind die Schmerzen so stark, dass sie den Alltag über mehrere Tage im Monat stark einschränken. Obwohl nicht alle von uns diese Schmerzen selbst erfahren – wie Marc zum Beispiel – haben wir die Auswirkungen dieser Problematik aus nächster Nähe erkannt und waren motiviert, eine sinnvolle und nachhaltige Lösung zu entwickeln. Unser Ziel war es, mit einem innovativen Designansatz einen echten Unterschied im Alltag vieler Menschen zu machen – eine Lösung, die nicht nur funktional ist, sondern auch im täglichen Leben wirklich unterstützt und getragen werden möchte.
Wie sieid Ihr auf die Kombination von Tens-Technologie und Wärmetherapie gekommen?
Uns war von Anfang an klar, dass wir auf das altbewährte Mittel der Wärmetherapie nicht verzichten wollen und dürfen. Eigentlich alle unsere Freundinnen nutzen jeden Monat entweder eine Wärmflasche oder Einweg-Wärmepflaster, um unterwegs schmerzfreier und komfortabler zu sein. Wärme wirkt entspannend, krampflösend und steigert das allgemeine Wohlbefinden spürbar. Um der ständigen Einnahme von Schmerzmitteln entgegenzuwirken, ließen wir uns von medizintechnischen Ansätzen und Geräten aus dem Bereich der Muskelstimulation im Sport inspirieren. Die TENS-Technologie (Transkutane Elektrische Nervenstimulation) blockiert nicht nur die Weiterleitung von Schmerzsignalen ans Gehirn, sondern regt auch die Ausschüttung von Endorphinen an – körpereigene Schmerzmittel, die das Wohlbefinden steigern. Die Kombination aus TENS und Wärmebehandlung erfüllt somit alle zentralen Bedürfnisse: effektive Schmerzlinderung gepaart mit maximalem, emotional vertrautem Komfort. So entstand hottie – ein Produkt, das es ermöglicht, trotz Menstruationsbeschwerden aktiv am Alltag teilzunehmen – ganz ohne den Griff zu Schmerzmitteln.
Foto: Hottie
Warum was es Euch wichtig, ein Produkt speziell für Menschen mit Menstruationsbeschwerden zu entwickeln?
Design sollte zukunftsorientiert sein und reale, weit verbreitete Probleme adressieren. Menstruationsbeschwerden betreffen eine große Zahl von Menschen, werden aber oft tabuisiert und in vielen Bereichen nicht ausreichend ernst genommen. Trotz der hohen Betroffenheit fehlen praxistaugliche und effektive Lösungen, die sowohl funktional als auch alltagskompatibel sind. Deshalb war es uns wichtig, ein Produkt zu entwickeln, das diesen Bedarf gezielt aufgreift – mit einem ganzheitlichen Ansatz, der medizinische Wirksamkeit mit Komfort und Alltagstauglichkeit verbindet. Unser Ziel war es, durch innovatives Design nicht nur Schmerzen zu lindern, sondern auch das Thema zu entstigmatisieren und sichtbarer zu machen. So kann Design einen gesellschaftlichen Beitrag leisten und echte Veränderungen bewirken. Die Idee für hottie entstand im dritten Semester während eines Ergonomiekurses mit Fokus auf gesundheitsorientiertes Design. Wir wollten ein Problem angehen, das viele betrifft – Menstruationsschmerzen – und zugleich etwas entwickeln, das wir selbst testen, iterieren und verfeinern konnten. In dieser Phase stand vor allem die technische Machbarkeit im Vordergrund: Wir erforschten die Kombination von TENS- und Wärmetherapie, bauten erste Prototypen und testeten sie vor allem hinsichtlich Funktionalität.
Wie verlief der Designprozess von der ersten Skizze bis zum fertigen Prototyp?
Der Prozess war von vielen Experimenten geprägt: Wir probierten viel aus, reflektierten, verworfen und verbesserten. Das frühe Ziel war ein funktionierendes Produkt, das die Schmerzbehandlung effektiv unterstützt. Doch der Designprozess ging weit darüber hinaus. In den letzten vier Monaten erlebte hottie eine entscheidende Weiterentwicklung. Durch die Zusammenarbeit mit Adidas bekamen wir Zugang zu innovativen Materialien und Technologien wie 3D-Strick, die völlig neue Möglichkeiten in puncto Tragekomfort, Passform und Ästhetik eröffneten. Hier begann der Wandel von „Form follows function“ hin zu „Function follows form“. Das Design wurde fast vollständig überarbeitet, sodass sich Technik und Textil nun zu einem smarten Gewebe verschmelzen – komfortabel, unauffällig und optisch ansprechend. Dieser lange, iterative Prozess voller Learnings hat hottie nicht nur geformt, sondern auch zu einem Produkt gemacht, das technische Innovation mit emotionalem Mehrwert verbindet.
Foto: Hottie
Welche Herausforderungen gab es bei der technischen Umsetzung von Hottie?
Eine besondere Herausforderung war es, die technischen Komponenten so in ein tragbares Textil zu integrieren, dass sie flexibel, unauffällig und alltagstauglich bleiben. Von der ersten Idee mit abnehmbaren Elektroden bis hin zur 3D-Knit- Integration leitfähiger Garne – ermöglicht durch die Zusammenarbeit mit Adidas – war der Weg geprägt von unzähligen Iterationsprozessen, Fragen der Energieeffizienz und wirtschaftlichen Umsetzbarkeit. Da wir mit hottie in technologische Zukunftsbereiche vordringen, konnten wir kaum auf bestehendes Wissen zurückgreifen – vieles basierte auf Try & Error und eigenen Erfahrungswerten. Genau dieser explorative Charakter wird das Projekt auch weiter prägen. Erschwert wurde der Prozess zusätzlich dadurch, dass wir uns beide im Praxissemester befinden und an unterschiedlichen Orten arbeiten. Ohne Hochschulkontext und regelmäßige Treffen waren vor allem gutes Timing, klare Koordination und konsequente Kommunikation entscheidend, um hottie Schritt für Schritt zu prototypisieren, einzelne Komponenten zu testen und das Gesamtkonzept kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Welche Rolle spielte Euer Mentor Nic Galway im Entstehungsprozess?
Eine riesige! Die Zusammenarbeit mit Nic Galway und Adidas war von Anfang an eine große Bereicherung. Er hat uns dazu gebracht, über das Jetzt hinaus zu denken – nicht nur technisch, sondern vor allem konzeptionell. Wer soll das Produkt wirklich nutzen? Wie integriert es sich in den Alltag? Wie könnte sich die zugrunde liegende Technologie in den nächsten Jahren entwickeln? Diese Fragen haben uns dazu bewegt, hottie nicht länger nur als medizinisches Gerät zu begreifen, sondern als Lifestyle-Produkt zu denken – eines, das sich wie selbstverständlich in den Alltag einfügt und gestalterisch überzeugt. Besonders wertvoll war dabei sein Impuls, radikal zu experimentieren: etwa unser Konzept komplett umzudenken – zum Beispiel als Kleidung statt Gürtel. Solche Perspektivwechsel haben unser Denken befreit und zu einer Version geführt, in der Funktion, Komfort und Gestaltung wirklich Hand in Hand gehen. Durch diesen Input – und die enge Zusammenarbeit mit Adidas – konnten wir neue Materialien und Technologien wie 3D-Knitting sinnvoll einbinden und das Design entscheidend weiterentwickeln.
Foto: Hottie
Könnt Ihr genauer erklären, wie Hottie funktioniert?
hottie vereint zwei bewährte Technologien: TENS (Transkutane Elektrische Nervenstimulation) und gezielte Wärmetherapie. Über in das Textil integrierte Elektroden werden sanfte elektrische Impulse an die Haut geleitet, die Nerven stimulieren, Schmerzsignale auf dem Weg zum Gehirn unterbrechen und gleichzeitig die Ausschüttung von Endorphinen fördern – den körpereigenen Schmerzhemmern. Ergänzend sorgt eingestrickte Carbonfaser für eine gleichmäßige Wärmeverteilung, die die Muskulatur entspannt und Krämpfe effektiv lindert. Die Technologie ist nahtlos in ein weiches, elastisches 3D-Gestrick eingebettet – hottie liegt angenehm am Körper, fast wie eine zweite Haut. Eine kompakte Steuereinheit versorgt das System mit Energie und lässt sich bequem per App bedienen: Wärme und TENS-Intensität sind individuell anpassbar – je nach Tagesform, Schmerzlevel oder persönlichem Empfinden. So entsteht eine smarte, tragbare Lösung, die sich unauffällig in deinen Alltag integrieren lässt – hottie – comfortable anytime, anywhere.
Was bedeutet Euch der Gewinn des RIMOWA DESIGN PRIZE – auch im Hinblick auf Eure Zukunft als Designer:Innen?
Der Gewinn ist für uns eine große Bestätigung und ein starker Ansporn. Er zeigt, dass Design ein wirkungsvolles Werkzeug sein kann, um reale Herausforderungen anzugehen und Menschen konkret zu unterstützen. Für unsere Zukunft als Designer:innen ist das ein wichtiges Signal: Wir wollen verantwortungsvoll und innovativ gestalten, um Lösungen zu schaffen, die echten Mehrwert bringen. Dieser Preis bestärkt uns darin, unsere Vision weiterzuverfolgen und Design als Verbindung von Funktionalität, Emotionalität und gesellschaftlicher Relevanz zu verstehen.
Wenn Ihr mit einem RIMOWA-Koffer unterwegs seid – was darf in Eurem Gepäck auf keinen Fall fehlen?