Inspiration

Vier Fragen an Oliver Heilmer, Vice President MINI Design

Auf der IAA in Frankfurt präsentierte MINI zum ersten Mal vor einem größeren Publikum den ersten vollelektrischen MINI Cooper SE. flair Fashion & H.O.M.E. nahm dies zum Anlass, um mit MINI-Chefdesigner Oliver Heilmer über künftige Herausforderungen bei der Gestaltung und seine Vision für die Zukunft der Marke zu sprechen.

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Foto: MINI

Herr Heilmer, wir stehen hier am Messestand auf der Internationalen Automobilausstellung und sehen den ersten vollelektrischen MINI Cooper SE. Wie beeinflussen neue Technologien Ihr Design? Gerade die Marke MINI hat ja eine sehr klassische Heritage und gilt als weltweite Design-Ikone.

Oliver Heilmer: Wir antizipieren natürlich grundsätzlich immer den aktuellen Stand der Technologie und richten den Blick auch auf zukünftige Trends, die für uns interessant werden könnten. Technologie ist der Schlüssel zur Vereinfachung, auch im Design. Die Frage ist nur, welche Technik uns welche Art der Vereinfachung bei gleichzeitiger Emotionalisierung ermöglicht. Ich glaube, wenn man neue Entwicklungen sehr früh annimmt und fördert, dann schafft man es auch, das Produkt emotionaler zu machen.
Was die Mini-Heritage betrifft, so hat Mini natürlich eine starke Geschichte, über die wir sehr glücklich sind. Im Kern sind es technologische Meilensteine, auf denen die Marke basiert – wie der Quermotor, der damals, vor 60 Jahren, so nicht existierte – gepaart mit der Freundlichkeit und der Kompaktheit, die der Marke einen hohen emotionalen Wert verschaffen. Wir schauen natürlich gleichzeitig immer auch, in welche Richtung wir uns noch entwickeln können.

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Messepremiere für den rein elektrisch angetriebenen MINI Cooper SE / Foto: MINI

Welche Ihrer persönlichen Einflüsse bringen Sie in das Mini-Design ein?

Wir haben bei Fahrzeugen, verglichen bspw. mit der Planung und dem Bau eines Hauses, einen gewissen Entwicklungszeitraum. Bei Fahrzeugen sind das etwa drei bis vier Jahre. Da ich im September 2017 in meiner neuen Position angefangen habe, war das grundsätzliche Design der Fahrzeuge, die wir hier auf der IAA zeigen, schon definiert; bei Detailfragen: „Wie modern sieht das Thema Felge aus?” oder „Wie können wir das Grill-Innenleben gestalten?” habe ich dann noch meinen entsprechenden Impuls gegeben. Eine interessante Frage ist es schon, denn als Designer hat man immer einen persönlichen Geschmack, geprägt durch das Umfeld, die Geografie, die Hochschule, usw. So ist es bei mir auch, ich bin in München aufgewachsen, habe in Pforzheim Automobildesign studiert. Mein Designempfinden ist also europäisch geprägt. Mein persönlicher Treiber auf der ästhetischen Ebene ist die Herausforderung, eher weniger zu machen, aber das Wenige dann hochemotional zu inszenieren. Was ich auch immer mag, ist ein Widerspruch als Basis für die weitere Arbeit an einem Thema.

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MINI Countryman Plug-In Hybrid / Foto: MINI

60 Jahre Mini heisst nicht nur #60yearsofpassion - sondern auch einen Blick zurück nach vorn zu werfen. Was sind die nächsten großen Themen?

Die größten technologischen Sprünge, die man aktuell auf Messen wie der IFA oder CES wahrnimmt sind Interaktion und Sprachsteuerung. Man muss hierbei aber auch immer die Multimodalität berücksichtigen, denn in manchen Situationen macht Sprachsteuerung nicht viel Sinn; ich erlebe das zum Beispiel mit meinen Kindern: wenn sie durcheinander sprechen, weiß das System (noch) nicht, wem es zuhören soll. Ein weiterer Fokus im Hier und Jetzt sind alternative Antriebe. Wir haben in unserem Portfolio den kleinen, kompakten Mini, der in Sachen Ressourcenumgang vernünftig konzipiert ist und für die Stadt entwickelt wurde. Je weniger Gewicht, desto weniger Emissionen. Der elektrifizierte Antrieb ist für uns ein guter Schritt, den wir jetzt weiter gehen werden. Langfristig wird auch das Thema autonomes Fahren immer wichtiger, nicht nur in der Luxusklasse. Die BMW Group leistet hier schon viel Entwicklungsarbeit, von der wir als Marke natürlich auch profitieren.


Die Marke MINI steht ja nicht mehr nur für Autos. Beim Projekt „MINI Living“ geht es um das zukünftige Leben und Arbeiten in Städten. Wie ist hier der Stand der Dinge, werden wir in Zukunft einen umfassenden „MINI Lifestyle“ erleben?

Wir arbeiten aktuell an einem Haus in Shanghai, ein Pilotprojekt, mit dem wir viele Erkenntnisse in diesem Bereich gewinnen können. Als urbane Marke versuchen wir, das Bedürfnis zu Wohnen und mobil zu leben zusammenzubringen. Die Fragen sind hier z.B.: „Wie lebt man künftig zusammen?“, „Wie nutze ich die Infrastruktur?“ In Deutschland ist Berlin als Standort sicherlich für ein Wohnprojekt nicht uninteressant, aber eigentlich käme jede Stadt mit ihren jeweils eigenen Fragestellungen und Situationen dafür in Frage.
Als MINI sind wir in der Lage, einfach loszulegen, sukzessive zu Entdecken, zu Entwickeln und in das Thema weiter einzutauchen. „Mobilität“ wird es immer geben, und das ist unser Markenkern, doch wir halten den Blick offen, um zu schauen, welche Entwicklungen zum Beispiel für das MINI-Interiordesign oder die Materialität interessant sind. Ich zum Beispiel probiere unterwegs immer viel aus, und stelle oft fest: die Einfachheit im Zugang ist der Schlüssel für alles.

23.10.2019